Zeitschrift der ÖSG, Jahr 2001, Heft 1

Zur Bildungsfrage in der Sportpädagogik - theoretische und empirische Perspektiven
The Question of "Bildung" in Sport Pedagogy: Theoretical and Empirical Perspectives

Robert Prohl

Zusammenfassung
Infolge eines verstärkten Orientierungs- und Legitimationsbedarfes hat sich in der Sportpädagogik seit einiger Zeit eine „Renaissance des Bildungsbegriffs“ ereignet. Allerdings beinhaltet das bloße Bekenntnis zur „Bildung“ noch keine Problemlösungsstrategie für die aktuellen Probleme der Sportpädagogik, wenn nicht auch bildungstheoretische Inhalte diskutiert werden. Aus diesem Grund thematisiert der vorliegende Beitrag die Bildungsfrage aus drei Perspektiven, um aktuelle Problemlagen der Sportpädagogik aufzuklären und didaktische Orientierungen zu ermöglichen. In problemgeschichtlicher Perspektive wird zunächst (1) das Bildungskonzept der Theorie der Leibeserziehung erörtert, das die sozialwissenschaftliche, später die pragmatische Sportdidaktik glaubte überwunden zu haben. In kritischer Perspektive (2) zeigt jedoch das Beispiel der „Instrumentalisie-rungskontroverse“ in den 90er-Jahren, dass die bildungstheoretischen Grundprobleme der Theorie der Leibeserziehung auch heute noch oder wieder mit den Problemen der Sportpädagogik vergleichbar sind. Aus diesem Grund ist auch die Bildungsfrage zu keiner Zeit obsolet gewesen. In konstruktiver Perspektive wird schließlich (3) am Beispiel des „sportkulturellen Schulprofils“ einer Regelschule in Thüringen ausgelotet, wie sich die Forderung nach praktischer und empirischer Bewährung bildungstheoretischer Prämissen umsetzen lässt. Als Fazit des Beitrages bleibt festzuhalten, dass die Sportpädagogik gut beraten ist, sich der Bildungsfrage stets aufs Neue zu stellen, um zu zeitgemäßen Antworten zu gelangen.
Abstract
In consequence of an increasing demand for orientation as well as for justification, sport pedagogy has been going through a “renaissance of Bildung” for the last decade. However, merely professing “Bildung” does not express any solution, unless current pedagogical problems are dealt with in a substantial way. That’s why this contribution discusses the question of “Bildung” from three perspectives, in order to illuminate topical problems of sport pedagogy as well as to enable didactical orientation. In the first place, the historical perspective (1) focuses the conception of “Bildung” of the “Theory of Physical Education” in West Germany, which sport didactics in the seventies and eighties believed to have overcome. In the critical perspective (2), however, the example of the so called “instrumentalism-controversy” in the nineties demonstrates that “Bildung”-oriented “Theory of Physical Education” and current sport pedagogy do share today or have been sharing all the time, respectively, comparable problems. For that reason, the question of “Bildung” has never been obsolete. Finally, by the example of the “sport-cultural school-profile” of a comprehensive school in Thuringia, the constructive perspective (3) explores to what extent the premises of a sport pedagogical theory of “Bildung” do meet the standards of practical and empirical proof. In conclusion, it is stated that sport pedagogy is well advised to invariably reconsider the question of “Bildung”, in order to arrive at topical answers.

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