Zeitschrift der ÖSG, Jahr 2000, Heft 1

Computersimulation von Sprüngen im alpinen Skilauf zur Berechnung von Kniegelenkskräften
Computer Simulation of a Landing Movement in Alpine Skiing for the Calculation of Knee Joint Forces

Peter Kaps, Werner Nachbauer, Kurt Schindelwig, A. J. van den Bogert & Karin G. M. Gerritsen

Zusammenfassung
In der Arbeit wurde der letzte Teil eines Sprunges im alpinen Abfahrtslauf, die Landebewegung, untersucht. Aus der Praxis weiß man, dass beim Absprung eine geeignete Vorwärtsrotation ausgeführt werden muss, um sich der Hangneigung im Landegelände anzupassen. Bei zu geringer Vorwärtsrotation gerät man in Rücklage und kommt zuerst mit dem Skiende auf. Bei Landesituationen in starker Rücklage können große Belastungen der vorderen Kreuzbänder auftreten (BALLY u.a., 1989, NACHBAUER und KAPS, 1995). Ziel des Projekts war es, den Einfluss von Hangneigung und Landegeschwindigkeit auf die vordere Kreuzbandbelastung bei einer Landung in starker Rücklage zu untersuchen. Der Bewegungsablauf eines Rennläufers beim Aufsprung in starker Rücklage wurde aus Videoaufnahmen vom Kombinationsabfahrtslauf der Herren bei den Olympischen Winterspielen 1994 in Lillehammer bestimmt und in einer Computersimulation nachgeahmt. Das Computermodell bestand aus einem Körpersegmentmodell, das durch ein Muskelmodell angetrieben wurde, und einem Modell für Kräfte, die zwischen Ski und Schnee wirken. Nach zufrieden stellender Übereinstimmung zwischen tatsächlicher Bewegung und Computersimulation wurden Hangneigung und Landegeschwindigkeit systematisch variiert und die vordere Kreuzbandkraft bestimmt. Bei der Simulation der tatsächlichen Landebewegung betrug die maximale Kraft in jedem der beiden vorderen Kreuzbänder 520 N. Bei der Landung auf einem Bein, wie dies beim analysierten Rennfahrer der Fall war, ist die Belastung doppelt so hoch und liegt nahe bei den publizierten Werten zur Reißgrenze des vorderen Kreuzbandes. Die Parametervariation ergab, dass eine Erhöhung der Hangneigung um ein Grad eine Abnahme der Kreuzbandkraft um ca. 100 N bewirkt. Die Landegeschwindigkeit hingegen musste um 10 km/h verringert werden, bis die gleiche Kraftabnahme von 100 N eintrat. Die vordere Kreuzbandkraft ist somit stark von der Hangneigung beeinflusst, wobei die entscheidende Größe der Landewinkel darstellt, der sich aufgrund der Variation der Hangneigung verändert. Zur Verminderung des Verletzungsrisikos sind Maßnahmen, die zur Verringerung des Landewinkels führen, effektiver als Maßnahmen zur Geschwindigkeitsreduzierung. Der Landewinkel kann durch steileres Aufsprunggelände und/oder durch flachere Flugparabeln verkleinert werden. Die Steilheit des Aufsprungbereiches muss bei der Pistenerstellung berücksichtigt werden. Die Flugparabel wird durch die Form des Absprunggeländes und der Absprung- und Flugtechnik des Rennfahrers bestimmt. Günstig ist ein leicht konvexes Absprunggelände, das die Erzeugung des Drehimpulses für die nötige Vorwärtsrotation unterstützt bzw. erleichtert. Die Untersuchung beinhaltet zahlreiche Vereinfachungen, die die vorderen Kreuzbandkräfte beeinflussen könnten.
Abstract
In downhill ski racing, anterior cruciate ligament (ACL) ruptures frequently occur during landing following a jump. When landing in a backward position the so called “boot induced anterior drawer” mechanism is one possibility to cause an ACL-injury (BALLY et al., 1989, NACHBAUER and KAPS, 1995). The purpose of this study was to determine the effect of slope inclination and landing speed on the loading of the ACL during a landing which leads to the boot induced anterior drawer. Video data were collected of the 56 competitors of the men’s combined downhill race during the 1994 Olympic Winter Games in Lillehammer. The movement of a racer landing in a backward position was reproduced in the computer simulation. The simulation model consisted of a musculoskeletal model of 4 rigid body segments and 8 muscles and a ground reaction force model. After matching the simulated movement to the recorded movement by an optimisation procedure slope inclination and landing speed were systematically varied and the ACL force determined for the different situations. The simulation of the actual landing movement showed maximal ACL forces of 520 N in each of the legs. When landing on one leg, as it was done by one of the analysed racer, the ACL force is 1040 N which is close to the ultimate tensile strength of an ACL. The variation of the parameters revealed that an increase of the slope inclination by one degree leads to a decrease of the ACL force of about 100 N. The landing speed, however, had to be reduced by 10 km/h to achieve the same decrease of force (100 N). This shows that the ACL force is strongly influenced by the inclination of the landing area. The landing angle, which varies with the slope inclination, is the essential factor. In order to reduce the risk of ACL injuries it is more efficient to look for measures which make the landing angle smaller than to reduce the landing speed. Steeper landing areas and/or flatter flight trajectories reduce the landing angle. The gradient of the landing area has to be taken into consideration when preparing the course. The flight trajectory can be altered by the shape of the take-off area and by the take-off technique and flight technique of the racer. A convex take-off area supports the development of the rotational impulse to adjust to the new slope inclination which prevents a backward position when landing. The study includes several simplifications which might influence the calculated ACL force.

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