Zeitschrift der ÖSG, Jahr 1994, Heft 1

Zeitreihenanalysen in der Trainingswissenschaft
The Use of Time Series Analysis in the Theory of Training

Martin Lames

Zusammenfassung
Nach allgemeinen Ausführungen zur Definition von Zeitreihen und zum Verhältnis Zeitreihen- vs. Einzelfallanalysen wird im zweiten Abschnitt eine Fülle von lohnenden Anwendungen der Zeitreihenanalyse in der Trainingswissenschaft beschrieben. Die wichtigsten Einsatzgebiete sind die Abbildung von Trainingsprozessen als Verläufe in der Zeit (z.B. Periodisierung), die Auswertung von Trainingsexperimenten und Trainingswirksamkeitsanalysen. Neben dieser überzeugenden Indikationslage für den Einsatz einzelfall- und zeitreihenanalytischer Methoden in der Trainingswissenschaft kann darüber hinaus im ersten Abschnitt gezeigt werden, daß „traditionelle“ gruppenstatistische Verfahren oft nicht in der Lage sind, spezifische Fragen der Trainingswissenschaft zu beantworten. So liegen große Handicaps der gruppenstatistischen Verfahren in der Prozeßdiagnostik (z.B. Belastungs-Anpassungsprozesse) und in der Analyse von individuell determinierten, komplexen Sachverhalten vor (z.B. Belastungs-Beanspruchungsreaktionen, interaktive, spontane und zufällige Verläufe von Wettkämpfen in Sportspielen und Kampfsportarten). Diesen starken Argumenten für den Einsatz einzelfall- und zeitreihenanalytischer Methoden stehen allerdings erhebliche Probleme im praktischen Einsatz gegenüber, wie in Abschnitt 4.1 ausgeführt wird. Diese sollten aber letztlich nur aufschiebenden Charakter haben, da Zeitreihenanalysen als Zugang zu gewissen zentralen trainingswissenschaftlichen Fragen die einzige methodische Alternative darstellen. Eine wichtige Aufgabe angesichts der hohen Anforderungen an die Daten ist zunächst die Identifikation von Fragestellungen, für die man diesbezüglich brauchbare Zeitreihen vorfindet. Die konkrete Annäherung an das Verfahren sollte dann mit einfachen, beschreibenden Fragestellungen beginnen, um Erfahrungen mit der Methode zu sammeln. Auf diesen aufbauend sollten bei sorgfältiger Planung aussagekräftige Einzelfallexperimente möglich sein. Insgesamt kann man sich von einer verbreiteten Anwendung der Zeitreihenanalyse eine erhebliche Vertiefung der wissenschaftlichen Durchdringung des Trainingsprozesses versprechen.
Abstract
After presenting considerations pertaining to the definition of time-series and the relation of time-series- vs. single case-analyses, the second section describes a number of useful applications of time-series analysis in the theory of training. The most important fields of application are the description of training-processes as time-bends (e.g. periodization), the statistical analysis of training-experiments and analyses of training-effects. Besides these compelling indications for the use of case analyses and time-series analyses as methods in the theory of training it is shown in the first part of this section, that “traditional” sample-based statistical methods often do not have the potential to answer specific questions on the theory of training. Major handicaps of these methods lie in the process-diagnostics (e.g. objective and subjective stress) and in the analysis of complex, individually determined phenomena (e.g. stress-reaction, interactive, spontaneous and random courses of competitive sports games and combatant sports disciplines). These convincing arguments for the use of single case and time-series analyzing methods is counteracted by grave problems with their practical application – as they are described in chapter 4.1. They should, however, only function as a retarding factor, time-series analyses being the only methodical approach to a number of central scientific questions on the theory of training. One important task is the identification of questions for which time-series can be utilized. The first steps with this procedure should be made on the basis of simple, descriptive questions in order to gain experience with the method. On the basis of these and with plenty of careful preparation valid experiments should be possible. All in all a broader use of time-series analysis assures a considerably deeper scientific understanding of the training-process.

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